Cannabis für medizinische Zwecke - Bilanz nach einem Jahr ernüchternd

Am 19. Januar 2017 beschloss der Bundestag das "Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften". Die entsprechenden Regelungen traten im März 2017 in Kraft. Die gemeinsame Bilanz der Sächsischen Landesärztekammer und der Sächsischen Landeapothekerkammer nach einem Jahr fällt kritisch und ernüchternd aus. In einem gemeinsamen Positionspapier haben sie die Fakten zusammengetragen.


Darin heißt es, dass es nach wie vor keine hinreichende medizinische Evidenz für die therapeutische Anwendung von Cannabis gäbe und dass die geschaffene Möglichkeit zur Verordnung mit großem bürokratischem Aufwand für alle Beteiligten verbunden sei. Ärzte und Krankenkassen seien gezwungen, jeden Einzelfall in einem Antragsverfahren mit aufwendiger Begründung zu bearbeiten. Aus Sicht der Heilberufe sei es außerdem dringend erforderlich, die völlig unzureichende Evidenzlage zu den Möglichkeiten eines Einsatzes von Cannabis definitiv zu klären. Wie für alle anderen Arzneimittel, müsse auch für Cannabisprodukte deren Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit durch kontrollierte Studien nachvollziehbar belegt werden. Ärzte benötigen klare und eindeutige Belege dafür, ob und bei welchen Krankheitsbildern Cannabis tatsächlich wirksam ist. Dies ist insbesondere für die Sinnhaftigkeit einer Verordnung von Cannabisblüten zu fordern. Gleiches gelte für die Apotheker bei der Beratung der anwendenden Patienten. Auch hier liege das besondere Augenmerk auf der extrem aufwendigen und überdies pharmazeutisch problematischen Zubereitung und Anwendung unverarbeiteter Cannabisblüten.


In dem Positionspapier wenden sich die Ärzte und Apotheker mit aller Entschiedenheit zugleich gegen jeden Versuch, aus der nunmehr zulässigen medizinischen Anwendung von Cannabiszubereitungen mögliche inhaltliche Argumente und Begründungen für eine Änderung der bisherigen restriktiven Haltung gegenüber Cannabis als Genussmittel herzuleiten. Cannabis bleibe eine suchterzeugende und insbesondere für Jugendliche hochgefährliche Substanz. Die sächsischen Ärzte und Apotheker fühlen sich der Gesundheit ihrer Patienten und Versicherten verpflichtet und lehnen eine Liberalisierung des Verkehrs mit Drogen ab. Das gelte auch und gerade für Cannabis.


Eine Befragung unter sächsischen Apotheken hat ergeben, dass seit März 2017 in 52 % der befragten Apotheken ca. 2.800 ärztlich verordnete Cannabisrezepte vorgelegt wurden, davon ca. 89 % zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung und ca. 11 % Privatrezepte. 60,9 % der Patienten, die Cannabis oder entsprechende Zubereitungen auf ärztliche Verordnung erhielten, waren zwischen 30 und 65 Jahre alt. 31,6 % waren älter als 65 Jahre, lediglich 7,5 % der Patienten jünger als 30 Jahre. Verordnet wurden Cannabis und seine Zubereitungen in der überwiegenden Mehrzahl von Fachärzten, wie Onkologen und Neurologen sowie Schmerztherapeuten (insgesamt 78,2 %).


Das gemeinsame Positionspapier finden Sie hier: