Vermutete Behandlungsfehler: Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen der Sächsischen Landesärztekammer legt Jahresbericht vor

Im letzten Jahr gingen 306 Anträge wegen eines vermuteten Behandlungsfehlers (2022: 297) bei der Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen der Sächsischen Landesärztekammer ein. In nur 196 Fällen wurde auf Grund der eingereichten Unterlagen eine Begutachtung wegen eines vermuteten Behandlungsfehlers eingeleitet (2022: 168). Davon wurde in 41 Fällen ein Behandlungsfehler durch die Gutachterstelle festgestellt (2022: 43). Das geht aus dem aktuell vorliegenden Bericht für 2023 hervor.

„Jeder Behandlungsfehler bedeutet auch ein persönliches Schicksal. Deshalb sind Ärztinnen und Ärzte bestrebt, Fehler zu vermeiden. Bei rund 27 Millionen ambulanten und stationären Behandlungsfällen in Sachsen ist die insgesamt geringe Anzahl an Fehlern trotz der extremen Arbeitsverdichtung ein Ergebnis der verantwortungsvollen Tätigkeit des gesamten medizinischen Personals.“ so Erik Bodendieck, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer.

Von 196 eingeleiteten Begutachtungen entfielen 115 auf den stationären Sektor, 18 auf Klinikambulanzen, 39 auf ambulante Praxen und 20 auf Medizinische Versorgungszentren (MVZ). Die überwiegende Anzahl der Anträge entfiel auf die Fachrichtung Chirurgie (53), die Innere Medizin (43), die Orthopädie (22) und auf HNO sowie die Frauenheilkunde (je 13)

Zu mehr als 60 Prozent sind die Antragsteller anwaltlich vertreten. Die Anerkennungsrate beträgt 24 Prozent, was im gewohnten Bereich liegt. In 90-95 Prozent der Begutachtungsfälle wird durch die Bearbeitung in der Gutachterstelle eine abschließende Klärung erreicht. 5-10 Prozent werden nachfolgend auf dem Rechtsweg weiterbearbeitet.

Bodendieck: „Die Bereitschaft der sächsischen Ärztinnen und Ärzte, zur Aufklärung beizutragen, ist nach wie vor sehr hoch, obwohl die Auseinandersetzung um vermeintliche oder tatsächliche Behandlungsfehler mit großer Schärfe geführt wird und es dabei bedauerlicherweise nicht immer rational zugeht. Wir sehen in unserer Arbeit weiterhin ein effektives Mittel für eine objektive und unabhängige Bewertung von Behandlungsverläufen.“

Hintergrund Gutachterstelle

Die Gutachterstelle ist Ansprechpartner für Patienten, die Ansprüche wegen einer vermutlich fehlerhaften Behandlung gegen einen Arzt geltend machen wollen. Dadurch sollen langwierige Rechtsstreitigkeiten für den Patienten vermieden und außergerichtlich zeit- und kostensparend beigelegt werden. Die Gutachterstelle kann nur im allseitigen Einverständnis der Parteien (Haftpflichtversicherer, Arzt, Patient) tätig werden.

Eine Kontaktaufnahme zur Gutachterstelle sollte erst erfolgen, wenn der Haftpflichtversicherer zu dem Schadensersatzanspruch des Patienten Stellung genommen hat. Der Patient muss außerdem den Arzt von der Schweigepflicht entbunden haben, ebenso eventuelle weitere Ärzte, welche ihn behandelt ha-ben. Die Gutachterstelle prüft den Sachverhalt und gibt abschließend eine begründete Stellungnahme ab, ob aufgrund einer fehlerhaften Behandlung ein Anspruch dem Grunde nach besteht.

Des Weiteren kann die Gutachterstelle, soweit erforderlich, einen weiteren Gutachter mit der Erstattung eines Zusatzgutachtens beauftragen. Sie entscheidet in der Besetzung eines Vorsitzenden, welcher Arzt ist, und einem langjährig erfahrenen Richter. Die Gutachterstelle wird nicht tätig, wenn in dem Streitfall bereits eine zivilrechtliche Entscheidung beantragt oder ergangen ist. Sie muss das Verfahren aussetzen, solange ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren oder ein Strafverfahren in gleicher Sache anhängig ist. Die Gutachterstelle kann nicht nur von Patienten, sondern auch von Ärzten angerufen werden.

Die Bestellung der Mitglieder der Gutachterstelle und deren Stellvertreter erfolgt durch den Vorstand der Sächsischen Landesärztekammer. Vorsitzender der Gutachterstelle an der Sächsischen Landesärztekammer ist Dr. med. Rainer Kluge.