Page 29 - Ärzteblatt Sachsen, September-Ausgabe 2025
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MEDIZINGESCHICHTE




                                                                                an neuen Ärzten und Chirurgen be-
                                                                                stand . So reformierte die Regierung
                                                                                das Kollegium, woraufhin unter dem
                                                                                russisch-preußischen Gouvernement
                                                                                eine provisorische, chirurgische Lehr-
                                                                                anstalt substituiert und nach Beendi-
                                                                                gung des Krieges eine offizielle chirur-
                                                                                gisch-medizinische Akademie an deren
                                                                                Stelle errichtet wurde (Abb . 6) . Die Stu-
                                                                                dierenden waren verpflichtet, die Vorle-
                                                                                sungen nach einem in Semester unter-
                                                                                teilten Unterrichtsplan zu besuchen,
                                                                                welcher das ganze Gebiet der Medizin
                                                                                mit allen ihren wesentlichen Hilfsdok-
                                                                                trinen umfasste . Die Chirurgie hatte
                                                                                sich zu einem Fach entwickelt, welches
                                                                               „mit der meisten Entschlossenheit nur

        Abb . 2: Prof . Dr . Hermann Eberhard Friedrich   Abb . 3: Medizinalrat Dr . Gustav Heinrich Warnatz   von wissenschaftlich vollständig gebil-
        Richter (1808 – 1876) [22]          (1810 – 1872) [55]                  deten Ärzten geübt“ wurde .

                                                                                Im III. Abschnitt geht es um die Unlös-
        Wundarzneikunde, Ohren-, Zahn-, Au- rurgische Lehranstalt unter dem Namen  barkeit, diese künstliche Untergliede-
        genheilkunde, gerichtliche Medizin oder  Collegium medicochirurgicum errichtet,  rung der Mediziner in der Praxis umzu-
        medizinische Polizei sind nur spezielle  welche  später  durch  das  chirurgische  setzen . Die Unterteilung in Ärzte und
        Anwendungen der Medizin für  beson- Hospital Charité und die Hebammen- Chirurgen war unzweckmäßig und un-
        dere Organe, für besondere Zwecke .   anstalt ergänzt wurde und bis zum Jahr  haltbar, weil die gesetzlichen Bestim-
                                            1813 in dieser Gestalt existierte . Die  mungen vieldeutig, widersprüchlich, un-
        Der Verfasser benennt historische Bei- Napoleonischen Kriege hatten so viele   wirksam und erfolglos waren . Zudem
        spiele angefangen bei den alten Grie- Opfer unter den Zivil- und Wundärzten  war eine klare Abgrenzung zwischen
        chen,  Römern und Arabern über  ge- gefordert, dass ein dringender Bedarf  inneren und äußeren Heilobjekten un-
        lehrte Judenärzte bis hin zu den Mön-
        chen der christlichen Klöster . Von spe-
        ziellen Chirurgen war bis zum 12 . Jahr-
        hundert nicht die Rede . Erst mit den
        Kreuzzügen, mit dem größer geworde-
        nen Bedürfnis nach Bädern, sowie mit
        der in jener Zeit gestiegenen Pflege für
        den Modegegenstand Bart entstand
        das Institut der Bader und Barbiere .
        Diese Leute waren ohne wissenschaft-
        liche Bildung, erlernten ihre Kenntnisse
        zunftmäßig, erhielten aber bald gesetz-
        lichen Schutz und das Recht zur Aus-
        übung der sogenannten niederen Chi-                                                                     © Institut für Geschichte der Medizin TU Dresden
        rurgie .

        Die  ersten Schritte  von  Seiten des
        Staates für die Ausbildung der Medizi-
        ner in Sachsen erfolgten 1748: Es wur-  Abb . 4: Sanitätsrat Dr . Bernhard Hirschel   Abb . 5: Prof . Dr . Eduard Zeis
        de eine eigene wissenschaftliche chi-  (1815 – 1874) [56]               (1807 – 1868) [45]



        Ärzteblatt Sachsen  9|2025                                                                                29
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