Page 31 - Ärzteblatt Sachsen, September-Ausgabe 2025
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MEDIZINGESCHICHTE
teln ausgestattet, erweitert und ver- ge Belehrung, Freundschaft
vielfältigt werden .“ Die Erteilung einer und Kollegialität, aber nur
gleichen Berechtigung für alle Mitglie- eine neue ärztliche Körper-
der des ärztlichen Standes ist äußerst schaft, nämlich der Ärztli-
wichtig . Es sollte nur eine Klasse von che Verein zu Dresden,
Ärzten mit voller Berechtigung für alle konnte bald die Keimzelle
Zweige der Heilkunst und für deren ärztlicher Standesorgani-
Ausübung in jedem Teil des Landes ge- sationen in Sachsen wer-
bildet werden . Der Verein verlangte ei- den [9–12] . Das größte Ver-
ne vollständige Trennung des Barbier- dienst um die Gründung
handwerks von der Chirurgie oder viel- des Vereins am 17 . Oktober
mehr von der Heilkunst und nahm au- 1842 [13, 14] gebührt Dr .
ßerdem Stellung zur Ausübung der Küttner und Dr . Zeis, „die
niederen chirurgischen Funktionen wie mit sechs ihrer Kollegen
Schröpfen, Anlegen von Blutegeln, Set- zuerst beratend und später
zen von Klistieren, Verbinden von Bla- konstituierend zusammen-
senpflastern: Hier könnte eine beson- traten“, um eine neue Ge-
dere Klasse von Individuen beider Ge- sellschaft ins Leben zu ru-
schlechter mit den Namen „Ärztliche fen (Abb . 7) [3] . Zu den ers-
Gehilfen“ gebildet werden, welche auf ten acht Mitgliedern gehör-
einer eigenen Anstalt ausgebildet wer- ten mit hoher Wahrschein-
den müssten . lichkeit auch Prof . Dr . Rich-
ter, Dr . Warnatz und Dr . Abb . 7: In der Großen Kirchgasse 1 befand sich seit 1840 die
Hirschel, die schon am 6 . Kinderheilanstalt, in deren Lokal ab 1842 die Versammlungen des
Es sollte nur eine Klasse Februar 1843 zur erwähn- Dresdner ärztlichen Vereins stattfanden [57] . Die Große
Kirchgasse lag neben der Kreuzkirche und existiert nicht mehr .
von Ärzten mit voller ten Vereinsdeputation ge-
Berechtigung für alle wählt wurden . Die Statuten
Zweige der Heilkunst des Vereins wurden am 11 . April 1843 Die Ärzte diskutierten Aspekte der
sowohl durch diese fünf Deputaten, Medizinalreform und forderten Mitbe-
und für deren Ausübung als auch durch die Ärzte der Kinderheil- stimmung der Ärzteschaft in allen Fra-
in jedem Teil des Landes anstalt Dr . Kohlschütter, Dr . Baumgar- gen des Medizinalwesens . Bald riefen
gebildet werden. ten, Dr . Pusinelli und Dr . Pfotenhauer sie durch Ankündigungen in der Presse
sowie durch 20 weitere Dresdner Me- zur Bildung von ärztlichen Bezirksver-
diziner: Hofrat Dr . von Ammon, Dokto- einen sowie eines sächsischen Zentral-
ren Schilling, Gräffe, Pienitz, Flachs, vereins auf und luden die Kollegen aus
In den 40er Jahren des 19. Jahrhun- Flemming, Hedenus, Klemmer, Horack, dem ganzen Land zur Abhaltung eines
derts schien ein Drang nach Reformen Pincafs, Stricker, Schmieder, Barthel, allgemeinen ärztlichen Vereinstags .
„als Genius epidemicus in der Luft zu Hardtmann, Abendroth, Löffler, Sydel, Die Bewegung wuchs, sodass am 20 .
liegen, auch auf dem Gebiet des öffent- Sahlferder, Ruglack und Gast unter- August 1848 die erste ärztliche Gene-
lichen Lebens jene denkwürdige Gä- zeichnet [4] . ralversammlung als „Kongress säch-
rung, welche in der kommunalen und sischer Ärzte“ stattfinden konnte . Im
staatlichen Verfassung mit fieberhafter Der Verein hatte einen dreifachen Er gebnis dieser Tagung wurde ein
Hast eine gründliche Umwandlung, eine Zweck: „Ausschuss der sächsischen Ärzte“, die
radikale Neugestaltung anstrebte .“ [8] • Förderung der Kollegialität, erste ärztliche Standesvertretung in
Einige ärztliche Vereine wie die Gesell- • Aufrechterhaltung und Stützung Sachsen, gebildet . Zum Vorstand die-
schaft für Natur und Heilkunde, der der Würde des ärztlichen ses Organs gehörten Dr . Küttner als
Verein der Zwölfer oder der bezirks- Standes und Vorsitzender und Prof . Dr . Richter als
und gerichtsärztliche Verein für Staats- • Besprechung über Gegenstände der Schriftführer für das Ausland [10, 14] .
arzneikunde förderten die wissen- ärztlichen Wissenschaft und Kunst Die Anerkennung seitens der Sächsi-
schaftlichen Bestrebungen, gegenseiti- [3, 4] . schen Staatsregierung wurde damals
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